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Führhunde: Neuer Ausweis für Zutritt notwendig

Ein Artikel von Johannes Sperling

 

Um ihre Zutrittsrechte mit Assistenzhund wahrnehmen zu können, benötigen Führhundhaltende vom 1. Januar 2025 an ein offizielles Abzeichen oder einen Ausweis. So sehen es das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Assistenzhundeverordnung (AHundV) vor. Wie und wo die neuen Kennzeichnungen beantragt werden können und wie die Zutrittsrechte aussehen, wird im folgenden Beitrag erläutert.

 

Blinde und sehbehinderte Menschen dürfen mit ihren Führhunden an die meisten öffentlich zugänglichen Orte, denn Blindenführhunde gehören zu den sogenannten Assistenzhunden. Sie leisten ihren Halterinnen und Haltern notwendige Hilfe. Weil sie auf ihre Hunde angewiesen sind, müssen sie die Tiere grundsätzlich dorthin mitnehmen dürfen, wo das für andere verboten ist: in den Supermarkt, das Restaurant, ins Rathaus, zum Arzt oder ins Kino. Der Zugang mit Assistenzhund muss also grundsätzlich geduldet werden. Das ist in Paragraf 12e Absatz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) geregelt.

 

Wenn jemand sein Zutrittsrecht wahrnehmen möchte, müssen andere Personen erkennen können, dass der Hund ein Assistenzhund ist. Im BGG steht deshalb, dass ein Assistenzhund als solcher zu kennzeichnen ist. Wie diese Kennzeichnung korrekt aussieht, gibt Paragraf 26 Absatz 2 und 3 der Assistenzhundeverordnung (AHundV) vor.

 

Ab 2025 muss zur Kennzeichnung entweder das offizielle Abzeichen sichtbar an Halsband, Geschirr oder Kenndecke des Hundes befestigt oder der offizielle Ausweis vorgezeigt werden. Bis zum 31. Dezember 2024 können Führhunde wie bisher etwa durch das weiße Führgeschirr oder mit von Führhundschulen oder dem DBSV ausgestellten Ausweisen gekennzeichnet werden.

 

Wie und wo können Ausweis und Abzeichen beantragt werden?

 

Halterinnen und Halter von Assistenzhunden können Abzeichen und Ausweis bei der jeweils zuständigen Behörde beantragen. Die zuständige Behörde variiert je nach Bundesland. In Baden-Württemberg sind beispielsweise die Versorgungsämter bei den Landratsämtern zuständig, in Hessen geht der Antrag an das Regierungspräsidium Gießen und in Bayern kümmert sich das Zentrum Bayern Familie und Soziales darum.

 

Dem Antrag muss Folgendes beigefügt werden: Ein Nachweis darüber, dass der Kostenträger den Führhund als Hilfsmittel anerkennt. Das kann die Bestätigung über die bestandene Gespannprüfung sein oder der Bescheid, dass Futtergeld gezahlt wird. Außerdem muss je ein Farbfoto von Hund und Mensch eingereicht werden. Der Führhund muss von der Seite als Ganzkörperaufnahme zu sehen sein, er darf dabei stehen oder liegen. Informationen zum Gespann wie Vor- und Nachname der Führhundhalterin oder des Führhundhalters, sowie Chipnummer und Wurftag des Hundes gehören ebenso in den Antrag.

 

Wer seinen Führhund nicht über eine gesetzliche Krankenkasse bekommen hat, muss zusätzlich einen Nachweis einreichen, dass die Ausbildung des Führhundes vor dem 1. Juli 2023 begonnen hat. Ist dem nicht so, müssen Hund und Mensch eine Prüfung nach Vorgaben in BGG und AHundV ablegen. Nach bestandener Prüfung vergibt die Prüfstelle Ausweis und Abzeichen.

 

Anträge per Formular oder formlos möglich

 

In den meisten Bundesländern haben die zuständigen Behörden Antragsformulare, teilweise auch online zum Download. Die Vordrucke zu nutzen, kann sinnvoll sein, da alle benötigten Angaben abgefragt werden. Für Anträge nach Assistenzhundeverordnung gibt es aber keine Vorgabe, dass sie schriftlich mit Unterschrift gestellt werden müssen. Demnach kann dies auch formlos geschehen. Wenn die zuständige Behörde den vollständigen Antrag bearbeitet hat, gibt es einen Bescheid. Ist dieser positiv, erhält das Gespann den offiziellen Ausweis und das offizielle Abzeichen.

 

Gültigkeit und Verlängerung

 

Der Ausweis ist gültig, bis der Hund sein zehntes Lebensjahr vollendet hat. Sofern er noch Führarbeit leisten kann, kann der Ausweis zweimal um jeweils bis zu zwölf Monate verlängert werden. Es gilt hier insbesondere, das Tierwohl genau abzuwägen. Die Verlängerung ist bei der Behörde zu beantragen, die den Ausweis ausgestellt hat. Ist eine gesetzliche Krankenkasse der Kostenträger, muss ein Nachweis beigefügt werden, dass der Hund weiterhin als Hilfsmittel anerkannt wird, zum Beispiel der Bescheid über die Futtergeldpauschale. Bei anderen Kostenträgern ist ein aktuelles ärztliches Attest – nicht älter als drei Monate – vorzulegen, das bescheinigt, dass der Hund weiterhin gesundheitlich als Führhund geeignet ist.

 

Faustregel für den Zutritt

 

Wie gestaltet sich nun das Zutrittsrecht nach Paragraf 12e Absatz 1 BGG? Es gilt zum einen für alle staatlichen Stellen wie Ämter, Gerichte, öffentliche Bibliotheken, Museen, Volkshochschulen und Universitäten. Zum anderen auch für die Privatwirtschaft, also Geschäfte aller Art, Restaurants, Hotels, Arztpraxen und privat betriebene Theater. Das Zutrittsrecht gilt ebenso für Busse, Bahnen, Taxis, Passagierschiffe und Flugzeuge und genauso auf Sport-, Spiel-, Camping- und Zeltplätzen.

 

Als Faustregel gilt: Überall, wo sich alle Menschen ohne besondere Erlaubnis und in Straßenkleidung aufhalten dürfen, darf generell der Assistenzhund mitgenommen werden.

 

In einem Geschäft ist das etwa der Verkaufsraum, nicht aber das Lager oder Räume für Mitarbeitende. Im Krankenhaus dürfen offene Bereiche und Krankenzimmer grundsätzlich mit Assistenzhund besucht werden, Intensiv- und Isolierstationen nicht.

 

Nur in seltenen Ausnahmefällen darf der Zutritt mit Assistenzhund verweigert werden, nämlich dann, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt. Im Gesetz steht das etwas komplizierter: „Soweit nicht der Zutritt mit Assistenzhund eine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen würde.“ Wann ein Grund so wichtig ist, dass der Zutritt deshalb verweigert werden kann, kann pauschal nicht gesagt werden. Es gilt, die konkrete Situation kritisch zu betrachten.

 

Pauschalbegründungen als Begründung unzulässig

 

Deshalb darf der Zutritt mit Assistenzhund auch nicht mit pauschalen Argumenten verweigert werden. Gern genutzte, jedoch unzulässige Pauschalbegründungen sind

  • ein generelles Hundeverbot,
  • Hygienebedenken,
  • das Hausrecht,
  • mögliche Ängste oder Allergien.

 

Diese Argumente reichen in der Regel nicht aus, um den Zutritt zu verweigern. Das Hausrecht beispielsweise darf nicht dazu verwendet werden, um Menschen mit Behinderung zu diskriminieren. Auch die Bedürfnisse einer hypothetischen, auf Hunde allergisch reagierenden Person dürfen nicht über die einer tatsächlich anwesenden, auf den Führhund angewiesene Person gestellt werden. Es gilt, im Einzelfall auf andere Rücksicht zu nehmen und bei Bedarf Lösungen zu finden, die allen Beteiligten gerecht werden.

 

Was tun, wenn der Zutritt verwehrt wird?

 

Welche Möglichkeiten haben Führhundhaltende, wenn ihnen ihr gesetzlich festgeschriebenes Recht auf Zutritt verwehrt wird? In der konkreten Situation kann die Rechtslage erläutert, ein Gespräch mit der vorgesetzten Person verlangt oder die Polizei gerufen werden. Für weitere Klärung können sich Betroffene außerdem an die Führhund-Fachgruppen der DBSV-Landesvereine, an die
    Rechtsberatungsgesellschaft rbm 
oder die örtlich zuständigen Antidiskriminierungsstellen wenden.

 

Bei verweigertem Zutritt mit Assistenzhund ist zudem bundesweit die
    Schlichtungsstelle BGG
zuständig, wo fachkundige Juristen und Juristinnen versuchen, mit den betroffenen Parteien eine gütliche Einigung zu erzielen.

 

Auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) finden sich ausführliche Informationen zu Kennzeichnung, Zutrittsrechten sowie eine Liste der zuständigen Behörden für die Ausstellung des neuen Ausweises und Abzeichens.

Vorder- und Rückseite des neuen Führhundeausweises